30. November 2012

Sauberer letzter Dreck

Nur der Kunde zählt. So argumentieren Unternehmer und mein Chef. Das stimmt aber nicht. Es geht um die Kundenzufriedenheit. Nur um die Zufriedenheit. Der Kunde interessiert nicht. Wenn er nur zufrieden genug ist, auch morgen sein Geld locker zu machen, um eine Dienstleistung oder eine Ware oder beides in Anspruch zu nehmen, dann kann der Kunde auch an Krebs erkranken, es kümmert niemanden. Lieber ein unheilbar kranker Kunde, der Geld reinbuttert, als ein gesunder, der nur ab und zu seine Mücken lockert.

Zusätzlich gilt, dass die angebotene Ware oder Dienstleistung nicht einwandfrei sein muss. Sie muss nur gerade immer so gut sein, wie der Kunde bereit ist, sie noch zu konsumieren. Sie muss Ansprüchen genügen, sie nicht voll abdecken. Sollte der Kunde irgendwann mit Sägespäne zufrieden sein, gibt es eben künftig Sägespäne. Ist der Einstieg zur Zufriedenheit niedrig, so ergeben sich Sparpotenziale.

28. November 2012

Ach, Sie können mich mal

Sagte ich schon, dass das Essen, welches ich ausfahre, erbärmlich schmeckt? Da schicken Sie Ihr Kind in betreutes Fressen und was bekommt es vorgesetzt? Convenience-Produkte, mit Speisestärke versetzte Päckchensoße, Kartoffeltaschen aus dem Discounter, Hamburger-Bratlinge aus dem Tiefkühler und in Plastikwannen umgefüllten Fertigpudding. Geschmack von feinster Beschissenheit. Woher ich das weiß? Sehen Sie, wir Fahrer dürfen uns nach Dienstschluss am Mitarbeiterbuffet bedienen, das sich aus den Resten der Schüler- und Kindergartenkinderverköstigung zusammenwirft. Der Hunger hat es mir schon manchmal reingetrieben. Und die danach auftretenden Krämpfe wieder hinaus.

Ach Gott, hören Sie nur auf, mich zu einem anständigen Mann verklären zu wollen, nur weil ich hier Missstände öffentlich mache. Ich finde es ja nicht übel, dass die Kröten reicher Wichser diese Scheiße fressen sollen. Mich freut das sogar. Da bekommen sie mal den Dreck aufgetischt, den ansonsten Kinder aus armen Hause kauen müssen. Um die bedürftigen Kinder in Betreuung tut es mir allerdings wirklich leid. Aber um die Schnöselgeburten ganz sicher nicht. Scheiße sollen sie fressen! Wenn ich ihnen den als Essen deklarierten Dreck liefere, blicken sie mich arrogant an, provozieren mich, zeigen mir, dass ich nur zu ihrem Gesinde zu zählen bin. So sind sie es gewohnt von daheim. Bedienstete gafft man unter Snobs überheblich an. Ich kann damit glänzend umgehen, weil ich mir ausmale, wie sie den Dreck runterwürgen und dann stinkenden Durchfall bekommen oder sich hoffentlich erbrechen. Das nenne ich Genugtuung.

26. November 2012

Meine beschissene Relevanz

Egal was Sie noch von mir lesen werden, ich bin einer der Typen, die systemrelevant sind. Für etwa sechs Mücken mache ich mir den Rücken krumm. Bringe für einen Caterer das Essen an Schulen und in Kindergärten. Eine schmerzhafte Geschichte. Systemrelevanz fühlt sich nur gut an, wenn man für seine Verantwortungslosigkeit Milliardenzuschüsse bekommt. Meine tut weh. Meiner Bandscheibe und meinem Selbstwertgefühl.

Den Kindern von reichen Arschlöchern Convenience Food bis vor die Teller zu fahren, ist sicher kein Lebenstraum. Glauben Sie mir, ich habe mir etwas anderes vorgestellt im Leben. Spaß und so. Flotte Geschichten habe ich mir ausgemalt. Stattdessen fahre ich für ein Catering-Unternehmen Fressen durch die Gegend. Aber ich bin alt und brauche das Geld.